2007-03-22 circa

Shandyismus II

… circa drei Wochen später bin ich durch diese Ausstellung auf dem Boden gekrochen, auf der Leiter balanciert, habe ich Blitz und große Kamera -zigmal durchs Haus geschleppt … Aber endlich, nach vielen Wochen, wieder eine bezahlte Arbeit!



2007-03-02

Shandyismus I

Am 02.03.2007 schreibe ich in mein Tagebuch, was ich auf Monika Fabers letzte Frage "Wer ist dein Lieblingsautor?", 3 Tage vorher beim Künstlergespräch im Ver-Sacrum-Zimmer der Secession, noch antworten wollte (es aber – aus Müdigkeit – unterlassen habe):

… Derzeit lese ich gerade ein Buch mit dem schönen Titel "L'Au-Delá", also "Das Jenseits" oder "Das Draussen" … Das Buch beruht auf eigenen Erlebnissen des Autors … im sozialen "L'Au-Delá", in der Welt der Pariser Obdachlosen und Clochards, die in den Metrostationen und provisorischen Schlafstellen überleben, durch nicht näher beschriebene Umstände ist er dorthin geraten, später, im zweiten Teil des Buches gelingt es ihm, wieder ins soziale "au-dédans", ins bürgerliche "Drinnen" zurückzukehren – dieser Wechsel scheint auch damit zu tun zu haben, daß er über das "L'Au-Delá", das "Jenseits", eben dieses Buch schreibt und veröffentlicht. Also geht es um "Diesseits" und "Jenseits" nicht nur als konkrete, soziale Lebensumstände, sondern auch symbolisch, als "Draussen" und "Drinnen" zwischen Buchdeckeln, in einem sozusagen "Papier- und Druckerschwärze-Universum".

Diese Geschichte um "Draussen" und "Drinnen" bringt mich auf etwas, was ich noch erwähnen muß. Es gibt nämlich nicht nur eine "Rousselatrie", wie man in Frankreich sagt, nach Raymond Roussel, der sein Buch … "Impressions d'Afrique" vor fast 100 Jahren geschrieben hat, es gibt auch einen "Shandyismus", nach dem Buch "Tristram Shandy" geschrieben von Lawrence Sterne vor 250 Jahren … und bekanntlich beginnt in diesem [letzteren] Buch die Geschichte des Helden schon lange vor seiner Geburt, also praktisch im "au-dédans", im "Drinnen" des Mutterleibs, ein Buch, das sozusagen aus dem Uterus heraus geschrieben wurde. Und hier in diesem Haus gibt es derzeit die gleichnamige Ausstellung, ich war vor ein paar Tagen drinnen … mit phantastischen Exponaten, z.B. von Marcel Duchamp, seine "Boite en Valise", seine "Schachtel im Koffer". Als ich davor stand, kam mir wieder "Rousselatrie" in den Sinn, nämlich die Quelle, die angibt Duchamp hätte gesagt, er hätte ohne die Bücher von Raymond Roussel, insbesondere nicht ohne "Impressions d'Afrique", wesentliche Teile seines Werks, so z.B. das berühmte "Große Glas/Die Braut von ihren Junggesellen sanft entböst, sogar" niemals machen können. Und ich dachte, es wäre doch schön, für den heutigen Abend dieses "Große Glas …" auszuleihen, aus Philadelphia einzufliegen und aufzubauen hier im Ver-Sacrum-Zimmer. Aber wegen verschiedener Umstände – bedenken Sie [werte Zuhörer], die Mitarbeiter der Secession waren in den letzten Tagen mit mehreren Events und Umbauten sehr beschäftigt, Monika Faber auf einer Dienstreise im Ausland, Rainer Iglar hat sich am Sonntag beinahe einen Finger abgeschnitten und ich kämpfe seit Samstag gegen eine hundsgemeine Grippe – haben wir im letzten Moment darauf verzichtet …

[Soll man eine aus Müdigkeit unterlassene, vergessene Pointe später aufschreiben?]